Posttraumatische Belastungsstörung

Bei der Arbeit mit Craniosacral Therapie zeigt sich manchmal eine Posttraumatische Belastungsstörung (PTBS).  Um mit solchen Situationen gezielt und sicher umgehen zu können, habe ich die Weiterbildung zum Somatic-Experiencing Practitioner sowie verschiedene vertiefende Weiterbildungen zum Thema Traumabewältigung von insgesamt über 900 Stunden absolviert. 

Nachfolgend beschreibe ich einige der häufig auftretenden Traumakategorien, welche mit der biodynamischen Craniosacral Therapie behandelt werden können:

  1. Unerwünschte Wachheit während der Narkose
  2. Bewusstlosigkeit, Dissoziation
  3. Unfall oder starker Aufprall
  4. Geburtstrauma beim Kind oder den Eltern
  5. Trauma bei Kindern
  6. Trauma aus der Kindheit
  7. Übergriffe und Grenzverletzungen
  8. Nahtoderfahrungen

1. Die unerwünschte Wachheit während der Narkose (Awareness) und eine Erinnerung an Ereignisse während der Operation (Recall) können von Patienten als traumatisierendes Horrorszenario erlebt werden. Akustische, aber auch taktile Wahrnehmungen und darüber hinaus Gefühle der Hilflosigkeit, Bewegungsunfähigkeit, Schmerzerleben, Panik bis hin zu Todesängsten sind möglich. Wachphänomene können folgenlos bleiben. Sie können aber auch im Sinne einer anästhesiologischen Komplikation eine posttraumatische Belastungsstörung mit Angstzuständen, Schlaflosigkeit, Alpträumen, Reizbarkeit, Depressionen bis hin zu Suizidgedanken – also komplexe psychopathologische Phänomene – hervorrufen. (Zitat: Deutsches Ärzteblatt: Unerwünschte Wachheit während der Narkose; 10.01.2011)

Wenn keine besonderen Risiken vorliegen, kommen Wachphänomene mit einer Häufigkeit von ein bis zwei Fällen pro 1 000 Narkosen vor. Es wird davon ausgegangen, dass z.B in Deutschland jährlich 8’000 – 16’000 Patienten von  einer „Awareness“ betroffen sind. Kinder stellen eine eigene Risikogruppe mit weit höheren – und zwar 8- bis 10-fach höheren – Awareness-Raten dar. Oft denken die Betroffenen, dass es nur ein Albtraum war und verpassen es deshalb das Erlebte sofort in einer Therapie aufzulösen. In einem solchen Fall suchen sich die Betroffenen erst Hilfe, wenn sich Symptome, wie die oben genannten, einstellen.

2. Bewusstlosigkeit oder Dissoziation tritt auf, wenn der Organismus zu intensiven, zu schnellen, zu lange andauernden oder ganz unerwartet auftretenden Ereignissen ausgesetzt ist. Der Organismus schützt sich durch das vorübergehende Wegtreten vor Schmerz, Angst, Schreck usw. Dabei handelt es  sich um einen Überlebens-Modus, welcher den Körper vor dem Erleben des Unmöglichen schützt.

Nach solch intensiven Erlebnissen kann es geschehen, dass sich der Überlebens-Modus später durch scheinbar unbedeutende Gegebenheiten wieder einstellt. Betroffene fühlen sich dann vielleicht starr, fremd im Körper, gefühllos, aggressiv, ausser sich stehend, heiss, kraftlos, mit pochendem Herzen oder ähnliches.

3. Unfall oder starker Aufprall ist ein meist unerwartet auftretendes Ereignis. Vielleicht ausgelöst durch einen Sturz, einen Verkehrsunfall oder einen auf uns fallenden Gegenstand. Dabei erlebt unser Körper einen starken Schlag und vielleicht auch eine Verletzung. Oft erleben die Betroffenen gleichzeitig ein Gefühl von Versagen, denn sie denken, sie hätten in der Situation nicht schnell genug reagiert. Die Kombination von Aufprall und Versagen bringt das Nervensystem manchmal in eine unlösbare Situation, aus der es sich nicht mehr alleine lösen kann.

4. Geburtstrauma beim Kind oder den Eltern entstehen durch einen schwierigen oder unerwarteten Geburtsverlauf. Einige Tage nach der Geburt ist dann entweder das Neugeborene, die Mutter oder der Vater verstimmt. Selbst wenn alle gesund und munter sind, bleibt ein Gefühl von Unbehagen. Das mag dazu führen, dass das Baby oft schreit, nicht trinkt, Verdauungsprobleme hat oder abwesend scheint. Es mag auch sein, dass Mutter oder Vater sich schlecht, enttäuscht, wütend oder sogar depressiv fühlen. Manchmal hat die Mutter oder das Baby auch eine körperliche Verletzung von der Geburt davon getragen wie z.B. eine Kopfverletzung von der Saugglocke oder eine Kaiserschnittnarbe. In einer solchen Situation ist es sehr hilfreich, so schnell wie möglich einen Weg zu finden, damit die Familie schnell in eine Harmonie kommt und die Zeit mit dem Neugeborenen geniessen kann.

5. Trauma bei Kindern äussern sich oft darin, dass das Kind ein auffälliges Auftreten entwickelt. Es zieht sich zurück, wird agressiv, wird überaktiv und bekommt oft Probleme in der Schule, im Kindergarten oder der Spielgruppe. Traumatisierte Kinder können nicht verbal ausdrücken, wo der Ursprung ihres Verhaltens liegt, und kompensieren ihren inneren Stress durch ihr Verhalten. Die Ursachen sind manchmal schwer zu erkennen, da sie zeitlich verschoben von den Auswirkungen auftreten. Operationen, Todesfälle, KISS (Kopfgelenk-induzierte Symmetrie-Störung), Trennung in der Familie, Umzug, Einschulung und vieles mehr können ein Kind dermassen überfordern, dass eine PTBS auftreten  kann.

 6. Trauma aus der Kindheit dagegen ist, wenn eine Überforderung aus dem Kindesalter erst im Erwachsenenalter die notwendige Beachtung findet. Oft konnte dem Leiden des Kindes nicht die notwendige Aufmerksamkeit gegeben werden und deshalb werden die Symptome über Jahrzehnte verschleppt. Genau wie bei einer verschleppten Erkältung wird die Behandlung dadurch schwieriger. Obwohl die Symptome stören mögen haben sie sich über die Jahre zu einer Selbstverständlichkeit entwickelt und sie aufzulösen, kann zu einer großen Herausforderung werden.

7. Übergriffe und Grenzverletzungen werden oft nicht als das, was sie sind, erkannt. Es ist einfach zu erkennen, dass ein gewalttätiger Übergriff eine traumatische Erfahrung ist, doch es gibt subtilere Formen die ebenso so tief gehen können. Wenn Grenzen gestellt werden müssen, erfolgt dies meistens mit einem „NEIN“. Dieses Nein hat nichts damit zu tun, dass wir die Person nicht mögen, an die es gerichtet ist, oder dass wir danach von ihr nicht mehr geliebt werden. Die Möglichkeit eines Neins gibt uns ganz einfach erst die Möglichkeit zu etwas „JA“ zu sagen.

Diese Erfahrungen will ein kleines Kind selber machen, sobald es einigermassen sprechen kann. Es wird zuerst bei seinen Eltern ausprobieren, was geschieht, wenn es Nein sagt oder seine Grenzen setzt, in dem es sagt: „Lass mich alleine und geh jetzt weg!“ Wie mehr das Kind die Möglichkeit machen darf, dass seine Abgrenzung gehört und akzeptiert wird, umso besser lernt es sich gegen andere abzugrenzen. Kann das Kind diese Lernerfahrung nicht im notwendigen Umfang machen, so kann es später, auch als Erwachsener, Schwierigkeiten haben, sich gegenüber Freunden oder Fremden abzugrenzen.

8. Nahtod-Erfahrungen sind einschneidende Erlebnisse, bei denen der Erlebende für einen Moment denkt, dass der Tod unumgänglich ist. In einer solchen Situation ist die Rückkehr in das Leben manchmal schwieriger als der Weg in Richtung Tod, der oft als ein anziehendes Licht erfahren wird. Und doch kehren die Betroffenen zurück zum Leben und das heisst auch zu ihrem Körper, was oft mit grossen Schmerzen verbunden ist.

Ein solches Erlebnis kann Betroffene emotional oder körperlich überfordern. Es kann sein, dass der Organismus in einem Zustand von Angst, Unsicherheit, Zweifel, Verwirrung oder anderem zurückbleibt. Da der Zustand zwischen Leben und Tod sehr intensiv ist und auch in Verbindung mit einem starken Erlebnis steht, kann der Organismus manchmal nicht mehr in einen entspannten Zustand zurück finden.

Meistens haben PTBS Auswirkungen auf den Organismus und können dem Craniosacral Therapeuten als Blockaden im cranialen Rhythmus begegenen. Beim behutsamen Lösen solcher Blockaden zeigen sich manchmal auch die Zusammenhänge zum traumatischen Erlebnis. Durch eine professionelle Begleitung lösen sich die Symptome der PTBS auf und geben die früher erfahrene Lebendigkeit zurück.