Lotusgeburt

Bei der Lotusgeburt wird die Nabelschnur des Neugeborenen nicht durchtrennt. Das Baby bleibt so lange mit der Plazenta verbunden, bis die Nabelschnur sich von selbst vom Nabel ablöst. Das Baby bekommt dabei genügend Zeit, sich von seiner Plazenta zu trennen.

Die Plazenta ist das erste Organ des Babys. Sie entsteht bereits am vierten Tag nach der Befruchtung in Form des Trophoblast[1]. Die Plazenta versorgt den Embryo vom neunten Tag seiner Existenz an mit Nahrung. Das Trophoblast nimmt bei der Einnistung in die Gebärmutter die Beziehung mit der Gebärmutterschleimhaut auf und löst diese auf um in Kontakt mit der Mutter zu treten.

Das Trophoblast (die Plazenta in ihrer Urform) ist also das Organ, welches die körperliche Beziehung mit der Mutter aufnimmt. Das Embryo wird zu dieser Zeit noch Blastozyste genannt und ist nicht grösser als die ursprüngliche Eizelle (0,1-0,2 Millimeter).

Bei der Geburt verabschiedet sich das Neugeborene vom geschützten Leben in der Gebärmutter. Wenn es jedoch durch die Nabelschnur mit der Plazenta verbunden bleibt, so bleibt ihm wenigstens seine alte Freundin aus dem Mutterleib. Diese hat das Baby die letzten neun Monate ernährt und diente ihm lange Zeit als Bettstatt. Wenn man die Plazenta genau ansieht, stellt man fest, dass diese aus einer Ansammlung winziger Blutgefässe besteht, die sich wie die Äste eines Baues verzweigen. Deshalb wird die Plazenta manchmal als „Baum des Lebens“ oder „Zwillings-Seele“ bezeichnet. Bei der Lotusgeburt erhält das Baby die Möglichkeit, sich in seiner eigenen Geschwindigkeit von dieser Freundin zu verabschieden.

Manche Kinder tun dies in drei Tagen, andere benötigen vielleicht eine Woche oder zehn Tage. Oft reagiert das Baby stark, wenn die Plazenta während diesen Tagen nicht mit der passenden Achtung behandelt wird. Das Neugeborene kann genau spüren, wenn jemand die Plazenta berührt. Nach zwei Tagen beginnt es vielleicht mit der Nabelschnur zu spielen, nimmt sie in den Mund und strampelt sie an. Wenn der richtige Zeitpunkt gekommen ist, fällt die Nabelschnur ab und der Nabel ist beinahe vollständig abgeheilt. Es mag sein, dass noch einige Tage ein bisschen Blut Austritt, was man daran erkennt, dass sich eine kleine Kruste im Nabel bildet. Danach ist der Nabel ohne Nabelpflege verheilt.

Medizinische Vorteile
Wie bereits erwähnt, verheilt der Nabel sehr schnell, da keine Schnittstelle entsteht. Auf diese Weise können keine Keime eintreten und es kommt selten zu einer Entzündung am Nabel. Beim ersten Atemzug entfaltet sich die Lunge, womit den anderen Körperorganen Blut entzogen wird. Wenn die Nabelschnur zu diesem Zeitpunkt noch nicht durchtrennt ist, so wird durch das entstehende Vakuum im Körper des Babys das in der Plazenta verbliebene Blut in den Blutkreislauf des Kindes befördert. Zu diesem Zeitpunkt liegt die Plazenta noch in der Gebärmutter. Auf diese Weise wird dem Neugeborenen einen enormen Blutverlust erspart. Weil das Blut aus der Plazenta in den Kinderkörper gesaugt wird, wird auch die Plazenta bei ihrer Ablösung von der Gebärmutter unterstützt.

Eine Lotusgeburt kann auch bei einem Kaiserschnitt[2] durchgeführt werden. Dabei erhält das Kind die Möglichkeit nicht von der Plazenta getrennt zu werden, wenn es von der Mutter weggenommen wird.  Kaiserschnittgeburten geschehen für Babys oft zu schnell und sie werden meist als erstes zur Untersuchung in ein Nebenzimmer gebracht, wo sie dann auch in ein Tuch gehüllt werden, da es im Operationsraum kühl ist. Bei all diesen Erlebnissen kann die Plazenta Sicherheit vermitteln, da sie die altbekannte Freundin des Babys ist.

Andere medizinische Vorteile sind:

  • Geringere Gefahr einer Anämie, da das Baby einen höheren Eisenspeicher bekommt
  • Weniger Atemnot-Syndrom, besonders für Frühgeburten kann das lebensrettend sein
  • Geringere Gefahr von Hirnschädigungen (z.B. Autismus, Schizophrenie)
  • Das Baby bekommt mehr mütterliche Antikörper
  • Das Baby hat automatisch einen höheren und stabileren Blutdruck
  • Geringerer Bedarf an Bluttransfusionen für Frühgeborene
  • Geringere Gefahr von Organschäden bei Frühgeborenen
  • Verbesserte kindliche Nieren-und Blasenfunktion
  • Mehr Nährstoffe, Vitamine, Mineralien usw. für das Baby
  • Höherer Anteil an Stammzellen im kindlichen Blut

(Quelle: Robin Lim, CPM, “Midwifery Today” 5/2001)“

Weitere Vorteile
Die Plazenta ist ein Organ mit der Fähigkeit das Wachstum von neuem Gewebe zu unterstützen. Sie wurde deshalb früher zur Wundheilung und zur Herstellung von Kosmetik eingesetzt. Ebenso können aus der Nabelschnur Stammzellen gewonnen werden. Wenn das Neugeborene mit Nabelschnur und Plazenta in Verbindung bleibt, so wird es nach der Geburt viele wichtige Stoffe aufnehmen können, da die Plazenta und die Nabelschnur diese nicht mehr benötigen. Das ist auch für den energetischen Bereich von Bedeutung, denn der Plazenta werden wundersame Heilkräfte nachgesagt. So soll sie auch die Fähigkeit besitzen den Aufbau des Immunsystems zu unterstützen. Die Ägypter waren davon überzeugt, dass die Plazenta dem Pharaonen und seinem Volk Glück und Erfolg bringt und deshalb wurde sie aufbewahrt.

Wird die Nabelschnur nicht durchgeschnitten, wird so die Möglichkeit einer Traumatisierung des eben geborenen Babys verhindert. Das Abklemmen und danach von der Mutter Abgeschnittenwerden ist ein Eingriff, welcher zu Gefühlen von Angst, Schmerz, Verlust, Alleinsein oder Zurückweisung führen kann. Ohne frühzeitige Durchtrennung der Nabelschnur geschieht die Trennung von Mutter und Kind bei der Ablösung der Plazenta von der Gebärmutterschleimhaut. Beim Durchtrennen der Nabelschnur trennt man das Kind jedoch nicht nur von der Mutter, sonder gleichzeitig auch von der Plazenta, dem ersten Organ des Kindes.

Die Trennung von der Plazenta ist, ausserhalb des Mutterleibs, die erste Trennung die durch den Tod – nämlich den der Plazenta – hervorgerufen wird. Wenn dieser erste Abschied mit Zeit und Geduld gelebt wird, kann dies die kommenden Erlebnisse mit Abschied und Tod zu einem natürlichen Erlebnis werden lassen. Wenn das Kind in den ersten Tagen nach der Geburt mit der Plazenta verbunden ist, wird es in diesen Tagen zur notwendigen Ruhe kommen und kann sich den Zeitpunkt der Ablösung von seiner bisherigen Lebensgefährtin selber auswählen. Es ist als wäre das Neugeborene erst nach dem Abfallen der Nabelschnur – der eigentlichen Abnabelung – ganz in dieser Welt angekommen.

Praktische Ausführung einer Lotusgeburt

  • Nach der Geburt der Plazenta diese zum Abtropfen in ein Sieb legen, welches in einer Schüssel hängt.
  • Nach drei bis 24 Stunden, wenn das Blut in der Nabelschnur geronnen ist und sich dadurch kleine blaue Inseln bilden, die Plazenta unter fliessendem Wasser gründlich waschen, dabei alle Blutklumpen entfernen. Danach mit einem Tuch abtrocknen, mit viel Meersalz gut einstreuen und wieder zurück ins Sieb legen.
  • Am nächsten Tag alles Salz entfernen und erneut leicht einsalzen. Zusätzlich mit fein gemahlenen Neemblättern (erhältlich in der Bergaptoheke am Stauffacherplatz in Zürich) bestreuen und einreiben. Die Neemblätter sind sehr bitter, haben eine natürliche antiseptische Wirkung und trocknen die Plazenta aus. Auf diese Weise wird verhindert, dass die Plazenta einen schlechten Geruch entwickelt. Nun kann sie in ein saugfähiges Tuch eingewickelt werden.
  • Dieser Vorgang (feuchte Kräuter und Salz entfernen und erneut Salz und Kräuter einstreuen) wird täglich wiederholt.
  • Die Plazenta niemals auf oder in Plastik legen, da sich sonst Fäulnisprozesse entwickeln.
  • Bei Bedarf kann die Plazenta auch in eine „Plazentatasche“ gelegt werden. Die Tasche aus saugfähigem Stoff sollte so gross sein, dass ein A5 Blatt darin Platz hat. Idealerweise hat sie oben einen Bändel zum Zuziehen. Zudem sollte sie umgehängt werden können, damit man mit dem Neugeborenen mobil ist.
  • Falls die Nabelschnur eine unpassende Form annimmt, kann diese mit einem lauwarmen, feuchten Lappen weich gemacht werden und in eine andere Position gebogen werden. Danach verhärtet sie sich wieder.
  • Die Plazenta immer vorsichtig bewegen und das Baby darüber informieren, wenn sie berührt oder behandelt wird.
  • Dem Baby möglichst lockere Kleider anziehen oder es ganz einfach nur in Tücher einwickeln.
  • Die Nabelschnur wird schon nach 24 Stunden spröde sein. Das Baby soll bestimmen dürfen wie und wann es sich von der Nabelschnur trennen möchte. Die Eltern mögen vielleicht etwas ungeduldig sein, doch bald werden diese Tage wie ein kostbarer Schatz in Erinnerung bleiben.
  • Wenn sich die Nabelschnur gelöst hat, kann die Plazenta zum Austrocknen auf eine Heizung oder in die Sonne gelegt werden. Im Notfall kann auch im Backofen bei ganz niedriger Temperatur nachgeholfen werden. Nach einigen Tagen wird sie vollständig trocken sein und kann in eine Schachtel gelegt werden, um sie vor Staub zu schützen. Wird die Plazenta immer gut behandelt, entstehen keinerlei Fäulnisprozesse und die Plazenta kann problemlos aufbewahrt werden.Je nach Wunsch kann die Plazenta nun auch verbrannt oder vergraben werden. Dazu machen manche Eltern ein kleines Ritual an einem schönen Platz in der Natur.

1) Die Trophoblasten sind für die Entwicklung der Plazenta von Bedeutung, insbesondere die aus ihnen hervorgegangen Zellen, die Synzytiotrophoblasten genannt werden. Der Zellhaufen der Synzytiotrophoblasten lockert sich am neunten Tag nach der Befruchtung auf und bildet kleine Hohlräume (Lakunen). Seit der Einnistung der befruchteten Eizelle in der Wand der Gebärmutter werden die kleinen mütterlichen Blutgefäße (Kapillare) der Gebärmuttermuskelschicht erweitert und gestaut. Dadurch bilden sich so genannte Sinusoide. Die zunehmend wachsenden Synzytiotrophoblasten nagen die mütterlichen Sinusoide an so, dass mütterliches Blut in die Hohlräume sickert. Die Synzytiotrophoblasten bilden sich zu Zotten aus, die sich umwandeln und schließlich zum Ende der dritten Woche zu Tertiärzotten werden, in denen kindliche Blutgefäße ausgebildet sind.

2) Beim Kaiserschnitt befindet sich der Körper des Neugeborenen, zum Zeitpunkt des Nabelschnitts, oberhalb der Plazenta was für das Baby zu einem grösseren Blutverlust führen kann.